Leaky Gut Syndrom: Ist der durchlässige Darm Fakt oder Mythos?

Das Bewusstsein für die Bedeutung eines gesunden Magen-Darm-Traktes für unsere Gesundheit ist mittlerweile wohl bei den meisten Menschen ausgeprägt. Eine ausgewogene, gesunde Ernährung hält den Darm fit und kann uns helfen, Krankheiten besser abzuwehren. Da liegt der Verdacht nahe, dass umgekehrt ein kranker Darm Auslöser für verschiedenste Krankheiten sein könnte. In diesem Zusammenhang wird seit einigen Jahren das sogenannte Leaky Gut Syndrom kontrovers diskutiert. Ein löchriger Darm soll für eine ganze Reihe unterschiedlichster Erkrankungen verantwortlich sein. Kann das stimmen? Erfahren Sie hier, was dahintersteckt.


Das Leaky Gut Syndrom - Fakt oder Mythos?
Das Leaky Gut Syndrom – Fakt oder Mythos?

Was ist das Leaky Gut Syndrom?

Leaky Gut ist die englische Bezeichnung für einen undichten Darm. Damit ist gemeint, dass die natürliche Barrierefunktion der Darmschleimhaut gestört ist und somit schädliche Stoffe – wie Bakterien, Toxine oder auch nicht ausreichend verdaute Nahrungsbestandteile – in den Blutkreislauf gelangen. Die Rede ist hier nicht von stecknadelkopfgroßen Löchern in der Darmwand, sondern von Stoffen, die kaum größer sind als die Nahrungsmoleküle, die eine gesunde Darmwand natürlicherweise passieren sollen. Eine gesunde Darmbarriere hält Schadstoffe durch drei Mechanismen fern.

  • Eine schützenden Schleimschicht (Mukus).
  • Engen Verbindungen zwischen den Darmzellen, den Tight Junctions.
  • Die körpereigenen Immunabwehr.

Überwinden nun Schadstoffe die ersten beiden Barrieren wird das Immunsystem in Form einer meist stillen Entzündungsreaktion aktiv.

Die Aufgaben der Tight Junctions und der Darmschleimhaut

Das Leaky Gut Syndrom wird also mutmaßlich einerseits durch eine geschädigte Mukusschicht begünstigt und andererseits durch ungewollte Öffnung der Tight Junctions. Die Tight Junctions sind nicht nur die Verbindungen zwischen den Darmzellen, sie bilden auch Transportkanäle, die notwendig sind, um bestimmte Nährstoffe die Darmwand passieren zu lassen. Körpereigene Botenstoffe, wie Zonulin, können die Durchlässigkeit der Tight Junctions erhöhen, was unter bestimmten Bedingungen auch nützlich sein kann, beispielsweise um Wasser aus dem Darmlumen aufzunehmen. Zu den genauen Mechanismen, wie und weshalb die Durchlässigkeit verändert wird, ist allerdings noch einiges an Forschungsarbeit zu leisten. Der Mukus wird von sogenannten Becherzellen produziert. Er lässt den Speisebrei besser durch den Darm gleiten und bildet dabei aber auch eine undurchdringliche Schicht für Bakterien, Pilze und andere Krankheitserreger. Wenngleich es in dem komplexen Ökosystem, welches das Darmmikrobiom darstellt, sogar Bakterienstämme gibt, die sich von Mukus ernähren und dadurch gleichzeitig die Produktion des Darmschleims anregen. Diese Bakterien zersetzen den Mukus zu kurzkettigen Fettsäuren, die wiederum die Zellen der Darmschleimhaut mit Energie versorgen.

Der Querschnitt der Darmschleimhaut zeigt die Tight Junctions.
Der Querschnitt der Darmschleimhaut zeigt die Tight Junctions.

Kritik am Leaky-Gut Syndrom

Durch eine defekte Darmbarriere gelangen also Giftstoffe in den Körper und machen den Menschen schleichend krank. Tatsächlich werden mittlerweile von Autismus über Allergien, Diabetes, Fatigue und Rheuma bis hin zu Multipler Sklerose eine Vielzahl an Krankheiten mit dem Leaky Gut Syndrom in Verbindung gebracht. Doch so plausibel der Zusammenhang auch erscheinen mag, von wissenschaftlicher Seite fehlen dazu noch ausreichende Beweise. Bisher existiert keine Studie, die zweifelsfrei belegt, dass das Leaky Gut Syndrom Auslöser für irgendeine Krankheit ist. Aus klinischer Sicht existiert das Leaky Gut Syndrom somit nicht, wenngleich einige entzündlichen Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn oder Zöliakie, mit einer erhöhten intestinalen Durchlässigkeit in Verbindung gebracht werden. Doch während einige Studien dies als Ursache betrachten, sehen andere das Phänomen als Folge der jeweiligen Erkrankung. Was zuerst da war, muss also noch geklärt werden. Und zu guter Letzt fehlen verlässliche Diagnosemethoden. Der Botenstoff Zonulin, verantwortlich für die Erweiterung der Tight Junctions, kann sowohl im Blut als auch im Stuhl nachgewiesen werden. Die Aussagekraft eines erhöhten Zonulinwertes gilt aufgrund der Komplexität der physiologischen Prozesse als umstritten und kann bestenfalls als Baustein einer umfangreichen Diagnostik herangezogen werden. Selbst der bisher als Goldstandard geltende Lactulose-Test kann wohl nur einen Hinweis auf eine schadhaft erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut geben. Ein Grenzwert, was als gesund und was als krank gilt, wurde bislang noch nicht definiert. Die Bedeutung des Themas im wissenschaftlichen Diskurs nimmt indes zu, sodass mittlerweile jährlich gut 100 wissenschaftliche Arbeiten dazu veröffentlicht werden.

Was bedeutet das für mich?

Aufgrund der nicht geklärten wissenschaftlichen Datenlage lassen sich guten Gewissens keine Empfehlungen bezüglich des Leaky Gut Syndroms aussprechen. Fest steht aber: Mit einer Oberfläche von 400 m²ist der Darm nicht nur unser größtes Organ, sondern auch die größte Kontaktfläche zur Außenwelt und damit größte Angriffsfläche für Schadstoffe und andere Eindringlinge. Außenwelt klingt vielleicht etwas merkwürdig, da der Darm doch im Inneren liegt. Der Darminhalt zählt aber selbstverständlich nicht zu den inneren Bestandteilen des Menschen und die Darmwand ist somit, wie die Haut, eine „Außengrenze“. Das Darmmikrobiom, eine WG von über 30 Billion Mikroben, schützt und ernährt uns. Eine Schädigung dieses empfindlichen Lebensraums kann ganz empfindliche Folgen für unser Wohlbefinden haben. Wer häufig unter Blähungen, schlechtem Stuhlgang, Völlegefühl oder sonstigen Darmbeschwerden leidet, sollte daher nicht zögern, sich ärztlichen Rat zu holen. Aber auch ohne Beschwerden lohnt es sich, auf die Darmgesundheit zu achten. Stress und übermäßiger Alkoholkonsum sind nicht nur der Gesundheit abträglich, sie stehen auch im Verdacht die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut zu erhöhen. Abwechslungsreiche Ernährung dagegen ist nicht nur wichtig, um uns Menschen ausreichend und mit der ganzen Vielfalt an Mikronährstoffen zu versorgen, sie fördert auch die Vielfalt und somit die Funktionalität des Darmmikrobioms. Und während Ballaststoffe für den Menschen keinen direkten Nutzen haben, sind sie die Nahrungsgrundlage für einige wertvolle Bakterienstämme und damit für die Integrität der Darmschleimhaut.

Fünf Tipps für die Darmbarriere

  • Zucker vermeiden: Zuviel einfacher Zucker kann einen ungünstigen Einfluss auf Bakterienstämme haben, die komplexere Kohlenhydrate aufschlüsseln sollen.
  • Helle Weizenmehlprodukte nur in Maßen genießen: Das Weizenprotein Gluten kann die Ausschüttung von Zonulin fördern und somit die Durchlässigkeit der Darmwand erhöhen.
  • Wasserlösliche Ballaststoffe aufnehmen: Pektine und Inulin werden von einigen Darmbakterien in die besonders wertvollen kurzkettigen Fettsäuren umgewandelt und helfen somit, den Darm mit Energie zu versorgen. Pektine finden sich in den Schalen von Obst. Besonders geeignet sind Äpfel. Zu den inulinreichen Lebensmitteln zählen Artischocken, Chicorée, Schwarzwurzel und Topinambur.
  • Ein Mix aus Gemüse, Hülsenfrüchten und Fisch liefert dem Darm viele unterschiedliche und notwendige Ballaststoffe, Eiweiße und die besonders wertvollen Omega-3 Fettsäuren
  • Fermentierte Lebensmittel wie Kefir, Sauerkraut, Naturjoghurt oder Kombucha sind nicht nur gut bekömmlich, sie enthalten als probiotische Lebensmittel auch Milchsäurebakterien und können somit die Darmflora bereichern.

Externe Quellen

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