Primär-chronische vs. sekundär-chronische Entzündungen – Was sind die Ursachen und Unterschiede?
Entzündungen sind der nach außen hin spür- und sichtbare Teil unserer Immunantwort und wichtiger Bestandteil der Wundheilung. Dabei ist die Entzündung ein äußerst mächtiges Werkzeug. Alles was das Gleichgewicht der körperlichen Prozesse stören könnte, wird innerhalb von wenigen Stunden, bis zu ein paar Tagen, erfolgreich bekämpft. Normalerweise. Manchmal gelingt das jedoch nicht und Entzündungen werden chronisch. Was das bedeutet und wie man sich davor schützen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Chronische Entzündungen sind solche, die länger als drei bis vier Wochen andauern.
Was sind chronische Entzündungen?
Chronische Entzündungen sind Entzündungen die länger als drei bis vier Wochen andauern. Sie sind außerdem dadurch gekennzeichnet, dass am Entzündungsherd drei bestimmte Zelltypen das Entzündungsgeschehen dominieren, nämlich Lymphozyten (weiße Blutkörperchen), Makrophagen (Riesenfresszellen) und Plasmazellen. Im Gegensatz zu stillen Entzündungen zeigen in der Labordiagnostik auch klassische Entzündungsmarker (CRP) erhöhte Werte an. Es wird davon ausgegangen, dass die meisten der sogenannten Volkskrankheiten, wie Diabetes, Adipositas oder Alzheimer auf chronische Entzündungen zurückzuführen sind. Auch Krankheiten wie ADHS oder Depression werden mittlerweile mit chronischen Entzündungen assoziiert. Unterschieden werden primär-chronische Entzündungen und sekundäre chronischen Entzündungen.
Primär-chronische Entzündungen
Primär-chronische Entzündungen sind Entzündungen, denen keine akute Entzündung voraus geht. Es kommen unterschiedliche Ursachen in Frage:
- Infektion mit Bakterien oder Viren.
- Endogene (körpereigene) Materialien. Dabei kann es sich um abgestorbene Fettzellen handeln der Knochensplitter oder, wie im Falle der Gicht, Ablagerungen von Harnsäurekristallen durch zu viel Harnsäure im Blut.
- Exogene (körperfremde) Materialien, wie Asbest aber auch Nahtmaterial von Operationen oder Implantate.
- Überempfindlichkeitsreaktionen, also Allergien.
- Autoimmunerkrankungen.
Primär-chronische Entzündungen beginnen häufig unbemerkt schleichend und gehen dann entweder in einen progredienten, also fortschreitenden, oder einen schubweisen Verlauf über. In vielen Fällen ist eine Heilung nicht möglich. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn, Neurodermitis, Multiple Sklerose sowie die meisten Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis zählen zu den typischen Vertretern primär-chronischer Entzündungen.
Sekundär-chronische Entzündungen
Sekundär-chronische Entzündungen sind wesentlich seltener. Sie beginnen mit einer akuten Entzündungsreaktion, die in der Folge allerdings nicht vollständig ausheilt und somit immer weiterläuft. Am häufigsten neigen eitrige Entzündungen dazu zu chronifizieren, da Eiter, der nicht richtig abfließen kann, Wunden immer wieder neu infiziert. Bakterien oder Viren können ebenso sekundär-chronische Entzündungen verursachen. Typische Beispiele sind Mandelentzündung, Bronchitis oder Zahnfleischentzündung (Parodontitis). Das Problem bei solchen überschießenden Entzündungsreaktionen ist, dass rund um den Entzündungsherd auch gesundes Gewebe von den Fresszellen angegriffen und abgetragen wird. Dies kann zu erheblichen Schäden führen, wenn die Entzündung nicht eingedämmt wird. Bei einer unbehandelten Parodontitis kann der Kieferknochen angegriffen werden, was wiederum zum Zahnverlust führen kann. Darüber hinaus befindet sich der Körper, wie auch bei einer stillen Entzündung, in einem andauernden Alarmzustand, der sich bald durch Erschöpfung bemerkbar macht. Gleichzeitig wird das Immunsystem anfälliger für andere Krankheitserreger.
Sonderfall Autoimmunerkrankung
Alle Autoimmunerkrankungen zählen zur Gruppe der primär-chronischen Entzündungen. Sie bilden einen Sonderfall in dieser Kategorie der Entzündungen. Das tückische bei Autoimmunerkrankungen ist dabei nicht nur die überschießende Entzündungsreaktion, sondern dass das Immunsystem von vornherein körpereigene Zellen als Fremdkörper erkennt und attackiert. Die Attacken sind zum Teil sehr spezifisch, wie die gegen die Myelinschicht der Nervenzellen bei MS oder gegen insulinproduzierende Zellen bei Typ-1 Diabetes. Sie können aber auch unspezifisch im gesamten Körper stattfinden, wie bei Rheumatoider Arthritis. Trotz intensiver Forschung sind die Mechanismen hinter vielen Autoimmunerkrankungen noch nicht vollständig enträtselt. Dadurch können häufig nur die Symptome der Erkrankungen behandelt werden. Alternativ werden auch entzündungshemmende oder das Immunsystem unterdrückende (immunsupressive) Medikamente eingesetzt. Dies beinhaltet allerdings immer das Risiko der Anfälligkeit gegen sonstige Krankheitserreger.
Wie werden chronische Entzündungen behandelt?
So umfangreich wie die Liste der Erkrankungen ist, die auf chronische Entzündungen zurückzuführen sind, so vielfältig sind die Behandlungsmethoden. Als kleinster gemeinsamer Nenner geht den meisten Therapien eine Behandlung mit Antibiotika sowie leichten, fiebersenkenden und entzündungshemmenden Wirkstoffen wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen voraus. Bei schweren Entzündungsverläufen werden häufig kortisonhaltige Medikamente eingesetzt. Kortison basiert auf dem Körpereigenen Hormon Cortisol und verfügt über stark entzündungshemmende Eigenschaften. Liegt die Ursache der Entzündung in Fremdkörpern oder abgestorbenem (nekrotisch) Gewebe, wird dies nach Möglichkeit operativ entfernt. Begleitend hat sich eine Überprüfung des Lebenswandels als nützlich erwiesen.
Ein gesunder Lebenswandel mit Sport und abwechslungsreicher Ernährung sind wichtig im Kampf gegen chronische Entzündungen.
Was kann ich gegen chronische Entzündungen tun?
Denn bei der Entstehung chronisch-entzündlicher Erkrankungen stehen mutmaßlich zwei Faktoren im Vordergrund:
- Die genetische Disposition
- Lebensumstände & Umwelteinflüsse
An den Genen lässt sich wenig ändern, an den Lebensumständen allerdings schon. Wer schon am Arbeitsplatz eine hohe Feinstaubbelastung hat und auch noch zu Bronchitis neigt, sollte vielleicht nicht auch noch starker Raucher sein. Während regelmäßige Bewegung allgemein der Gesundheit zuträglich ist, fördert Bauchspeck die Bildung von proinflammatorischen Hormonen. Eine ballaststoffreiche Ernährung, mit einem hohen Anteil an Obst und Gemüse kann die entzündungshemmenden Prozesse im Körper unterstützen, während Fettiges, Fleisch und Zucker eher die entzündungsfördernden Prozesse befördern können. Da sich auch Stress ungünstig auf den Verlauf von Entzündungen auswirkt, sollte dieser ebenso vermieden werden. Man tritt Entzündungen also am besten mit einem stressfreien, gesunden und abwechslungsreichen Lebensstil entgegen. Das klingt nicht wirklich nach der bittersten Pille…