Liebe, Sex und Leidenschaft gehören für viele Menschen zu einer Partnerschaft. Dies gilt natürlich auch, wenn bei einem Partner oder beiden eine MS-Erkrankung vorliegt. Auch mit MS lässt sich, mit etwas Planung, ein Kinderwunsch realisieren. Besteht aktuell kein Kinderwunsch, kommt der Wahl eines geeigneten Verhütungsmittels besondere Bedeutung zu, insbesondere bei Behandlung mit Interferonen, denn diese können das Risiko für Frühgeburten erhöhen.
Welche Verhütungsmittel können verwendet werden?
Grundsätzlich stehen für Menschen mit MS-Erkrankung alle gängigen Verhütungsmethoden zur Verfügung. Eine der größten Sorgen der Betroffenen ist, dass Verhütungsmittel einen ungünstigen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung ausüben können. Das ist nach bisherigem Kenntnisstand nicht der Fall, weder bei mechanischen, als auch bei hormonellen Verhütungsmitteln. Da im Einzelfall Komplikationen oder Unverträglichkeiten trotzdem nicht auszuschließen sind, sollte stets Rücksprache mit den behandelnden Ärzten gehalten werden. Ansonsten kommt es bei der Wahl des geeigneten Verhütungsmittels also zunächst auf die aktuelle Lebenssituation sowie persönliche Vorlieben an.
Mechanische Verhütungsmittel
Unter mechanischen Verhütungsmitteln versteht man Mittel, die verhindern, dass Spermien in die Gebärmutter eindringen können. Man spricht auch von der Barrieremethode. Darunter fallen Kondome, Diaphragmen und ähnliches. Der Vorteil dieser Mittel besteht darin, dass sie nur bei Bedarf angewendet werden müssen. Sollte der Wunsch nach einem Kind bestehen, müssen sie nicht erst wieder abgesetzt werden. Da sie sich nicht auf den Hormonhaushalt auswirken, bleiben auch entsprechende Nebenwirkungen aus. Besonders wichtig für Menschen mit MS: Es können auch keine Wechselwirkungen mit Medikamenten, die zur MS-Therapie genommen werden, auftreten. Allerdings benötigt der sichere Umgang mit Barrieremitteln einer gewissen Übung. Einige Paare fühlen sich dadurch in ihrer Spontanität beeinträchtigt.
Hormonelle Verhütungsmittel
Dieser Nachteil entfällt bei der Verwendung hormoneller Verhütungsmittel. Die sogenannte Anti-Baby-Pille ist die bekannteste Vertreterin dieser Klasse, doch der Markt hält eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte bereit. Dazu gehören auch Hormonimplantate, Spiralen oder Depotspritzen. Sie wirken auf ähnliche Weise, nämlich indem im Körper künstliche Schwangerschaftshormone freigesetzt werden. Dadurch wird verhindert, dass Spermien in die Gebärmutter eindringen oder Eizellen sich dort einnisten können. Einige Präparate verhindern sogar den Eisprung. Hormonelle Empfängnisverhütungsmittel bieten bei richtiger Anwendung einen hohen Schutz, der nur von Sterilisation übertroffen wird. Der Nachteil ist: Sie sind nicht immer frei von Nebenwirkungen. Gerade in den ersten drei Monaten nach Beginn der Anwendung klagen einige Frauen über Übelkeit, Kopfschmerzen oder Stimmungsschwankungen. Einige Anti-Baby-Pillen stehen außerdem in Verdacht, das Thromboserisiko zu erhöhen. Sollte durch die MS-Erkrankung die Beweglichkeit eingeschränkt sein, kann das Thromboserisiko dadurch zusätzlich steigen. Einige MS-Patienten haben zudem ein erhöhtes Osteoporoserisiko. Dies kann durch die Einnahme von Präparaten, die das Hormon Gestagen enthalten, ebenfalls verstärkt werden. Enthalten ist dies in der Dreimonats-Depotspritze oder dem sogenannten Stäbchen. Zudem bedarf es bei den hier beschriebenen Mitteln zur Empfängnisverhütung eventuell einer gewissen Zeit und Voraussicht, bis der Körper wieder empfängnisbereit ist. Hier zeigt sich, weshalb eine ausführliche Beratung mit dem behandelnden Gynäkologen und Neurologen unerlässlich ist.
Natürliche Verhütungsmethoden
Darüber hinaus existieren auch natürliche Verhütungsmethoden, wie die Zeitwahlmethode und die Temperaturmethode. Bei der Zeitwahlmethode wird die Länge des Zyklus gemessen und somit die wahrscheinlich fruchtbaren und unfruchtbaren Tage bestimmt. Bei der Temperaturwahlmethode wird zur Unterstützung zusätzlich die Basaltemperatur gemessen. Nachts stellt sich eine niedrigere Körpertemperatur ein, bis zu einem Temperaturminimum. Das wird auch als Basaltemperatur bezeichnet. Die Basaltemperatur muss täglich direkt nach dem Aufwachen und noch vor dem Aufstehen gemessen werden. Während der Tage vor dem Eisprung sinkt die Temperatur leicht, um mit dem Eisprung wieder leicht anzusteigen. Somit können die fruchtbaren Tage bestimmt werden. Beide Methoden sind für Menschen mit MS nicht zu empfehlen, da es aufgrund der Erkrankung zu Störungen im Zyklus und zu Temperaturschwankungen kommen kann.
Studien zum Einfluss der Anti-Baby-Pille auf die MS
In vereinzelten Studien wird darber spekuliert, ob die Anti-Baby-Pille eventuell den Krankheitsverlauf der schubförmigen MS abmildern kann. Diese Annahme geht hauptsächlich auf Studien einer portugiesischen Forschungsgruppe um Armando Sena zurück. Auch wenn die Studienergebnisse durchaus vielversprechend klingen, gelten sie bislang noch nicht als ausreichend belegt. Zudem gibt es Hinweise aus einer Studie aus Belgien, dass die Einnahme der Anti-Baby-Pille bei progredienter MS den Krankheitsverlauf sogar voranschreiten lässt. Diese Studie kann allerdings ebenso als noch nicht ausreichend untermauert betrachtet werden. Die Studien dürfen in diesem frühen Stadium also mit Spannung verfolgt werden, eine Empfehlung lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. Es bleibt dabei: Die Wahl des Verhütungsmittels hängt auch bei Menschen mit MS von persönlichen Vorlieben ab – für ausreichende Sicherheit und hoffentlich viel Vergnügen bei der “schönsten Nebensache” der Welt.
Externe Quellen
- Welche Verhütungsmethode passt zu mir? (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)
- MS und Kinderwunsch (St. Josef-Hospital im Universitätsklinikum der Ruhr Universität Bochum)
- Oral contraceptive use and clinical outcomes in patients with multiple sclerosis (Sena A. et. al., 2012, National Library of Medicine – Englische Quelle)